Gerhard Merz (SPD): Fortschrittlichere Regelung beim Psychisch-Kranken-Gesetz wäre möglich gewesen

Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerhard Merz, hat bedauert, dass die Änderungsvorschläge der SPD auch in der dritten Lesung des Psychisch-Kranken-Gesetzes durch Schwarz-Grün nicht berücksichtigt worden seien. Merz sagte im Anschluss an die Debatte in Wiesbaden: „Die Verabschiedung des Gesetzes ist zweifellos ein Fortschritt gegenüber der alten, noch vom Ungeist der Stigmatisierung und Ausgrenzung getragenen Gesetzeslage aus den frühen 50er Jahren. Wir haben dem Gesetz dennoch nicht zugestimmt, weil wir uns ein noch fortschrittlicheres Psychisch-Kranken-Gesetz gewünscht hätten, das den Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten und Beschäftigten sowie Angehörigen noch besser gerecht geworden wäre. Wir haben dazu in enger Abstimmung mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis einen umfangreichen Änderungsvorschlag erarbeitet, dem Schwarz-Grün leider in keinem einzigen Punkt gefolgt ist.“

Den größten Mangel des Gesetzes sehe die SPD-Landtagsfraktion darin, dass Regelungen für eine verbesserte Prävention in den Regionen im Gesetzentwurf fehlen. „Der weitaus überwiegende Teil der Anzuhörenden sieht wie wir den Bedarf nach einem dauerhaften Rund-um-die-Uhr-Krisendienst in den einzelnen hessischen Regionen. Diesen Krisendienst brauchen wir rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche. Damit ließen sich viele stationäre Aufnahmen verhindern und vor allem wäre den betroffenen Menschen besser geholfen“, so Merz. Hessen dürfe in diesem Bereich nicht weiter hinter den Regelungen in anderen Bundesländern zurückbleiben.

„Wir hätten uns außerdem gewünscht, dass der Passus, Kinder und Jugendliche kurzfristig in der Erwachsenenpsychiatrie unterbringen zu können, gestrichen wird. Das ist fachlich falsch und entspricht nicht den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention“, stellte Merz weiter fest. Darüber hinaus müsse die Behandlung somatischer Krankheiten Vorrang vor der Unterbringung in der Psychiatrie haben. Auch das so genannte „fürsorgliche Zurückhalten“ sei in fast allen anderen Psychisch-Kranken-Gesetzen eingebettet. Damit werde den Verantwortlichen in der Klinik die Möglichkeit gegeben, Patientinnen und Patienten vorläufig zurückzuhalten, bei denen Selbst- oder Fremdgefährdung bestehen könnte.

Die Regelungen zu Zwangsbehandlungen und zu Fixierungen im Entwurf der Landesregierung seien in der Anhörung als unzureichend angesehen worden. Auch hierzu habe die SPD-Fraktion Verbesserungsvorschläge gemacht, die leider unberücksichtigt blieben.

„Alle Fraktionen befürworten, dass das alte „Gesetz über die Entziehung der Freiheit geisteskranker, geistesschwacher, rauschgiftsüchtiger oder alkoholsüchtiger Personen (HFEG)“ vom 19. Mai 1952 nun endlich abgelöst wird. Doch das hessische Psychisch-Kranken-Gesetz bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Es ist ein ‚Meilenstein‘ in dem Sinne, dass jetzt ein Etappenziel auf der Wegstrecke zurückgelegt ist. Bei der optimalen Versorgung psychisch Kranker sind wir in Hessen aber noch nicht am Ziel. Hätten die regierungstragenden Fraktionen unserem Antrag oder auch nur einzelnen Punkten zugestimmt, wären wir wesentlich weiter“, sagte Merz.